AD(H)S erkennen

AD(H)S erkennen

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der am häufigsten diagnostizierten neuropsychologischen Entwicklungsstörungen. Sie betrifft sowohl Kinder als auch Erwachsene und zeichnet sich durch anhaltende Schwierigkeiten in den Bereichen Aufmerksamkeit, Impulskontrolle und Hyperaktivität aus.
In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, wie du ADHS erkennen kannst, welche Symptome typisch sind und welche Schritte bei der Diagnose wichtig sind. Gerade bei undiagnostizierten Erwachsenen ist zu beachten, dass die Symptome - durch verschiedene, im Leben erworbene, Kompensationsmechanismen - stark in den Hintergrund treten oder sogar überkompensiert werden können (stete Unpünktlichkeit vs aus Angst immer zu früh, lebt im Chaos vs zwanghafte Ordnung, mit den Füßen wackeln vs angestrengtes Stillsitzen), was auch die Eigendiagnose oft erschwert.

Was ist ADHS?

ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung und umfasst eine Reihe von Verhaltens- und Aufmerksamkeitsproblemen. Sie wird in drei Haupttypen unterteilt:

  • Vorwiegend unaufmerksamer Typ (ADS): Menschen haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, sind leicht ablenkbar und oft vergesslich.
  • Vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ: Menschen zeigen ausgeprägte Symptome von Hyperaktivität und Impulsivität, haben aber weniger Probleme mit der Aufmerksamkeit.
  • Kombinierter Typ: Diese Form beinhaltet sowohl Symptome der Unaufmerksamkeit als auch der Hyperaktivität und Impulsivität.

Die Symptome treten oft bereits im frühen Kindesalter auf und können bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben. Es ist wichtig zu verstehen, dass ADHS nicht allein durch eine mangelnde Selbstkontrolle oder durch schlechtes Verhalten bedingt ist, sondern dass neurobiologische Faktoren eine zentrale Rolle spielen.

Hauptsymptome von ADHS

1. Unaufmerksamkeit

Unaufmerksamkeit ist eines der Hauptmerkmale von ADHS. Sie zeigt sich durch:

  • Leichte Ablenkbarkeit: Betroffene verlieren schnell den Fokus und lassen sich leicht von äußeren Reizen ablenken.
  • Vergesslichkeit: Häufiges Vergessen von Terminen, Anweisungen oder täglichen Aufgaben.
  • Schwierigkeiten bei der Organisation: Probleme, Aufgaben zu planen, Fristen einzuhalten und Ordnung zu halten.
  • Mangelnde Ausdauer: Betroffene tun sich schwer, Aufgaben über einen längeren Zeitraum hinweg aufmerksam und konzentriert zu erledigen. Vor allem Routineaufgaben erscheinen ihnen langweilig.
  • Vermeidung von Aufgaben: Insbesondere Aufgaben, die Konzentration und geistige Anstrengung erfordern (wie zum Beispiel Schulaufgaben oder Berichte), werden oft vermieden oder aufgeschoben.


2. Hyperaktivität

Bei Kindern und Jugendlichen sind Anzeichen von Hyperaktivität oft leichter zu erkennen, da sie körperlich sehr aktiv sind. Typische Symptome sind:

  • Unruhiges Verhalten: Betroffene haben Schwierigkeiten, ruhig zu sitzen oder still zu bleiben. Sie zappeln oft mit den Händen oder Füßen und sind ständig in Bewegung.
  • Ungezügelte Energie: Besonders bei jüngeren Kindern äußert sich dies in einer ständigen körperlichen Aktivität, die kaum zu bremsen ist.
  • Probleme, still zu bleiben: Es fällt schwer, lange Zeit still zu sitzen, z.B. im Unterricht oder bei den Hausaufgaben.

Bei Erwachsenen äußert sich Hyperaktivität oft eher in einer inneren Unruhe, die nicht unbedingt zu äußerlichen Bewegungen führt. Viele Erwachsene mit ADHS berichten von einem ständigen Gefühl der Unruhe oder des "auf heißen Kohlen Sitzens".

3. Impulsivität

Impulsivität ist ein weiteres zentrales Symptom von ADHS und manifestiert sich folgendermaßen:

  • Schnelles Reden oder Handeln: Betroffene handeln häufig, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Sie neigen dazu, andere zu unterbrechen, zu stören oder Antworten herauszurufen, bevor die Frage zu Ende gestellt wurde.
  • Ungeduld: Warten fällt schwer, und es kommt zu impulsiven Entscheidungen, ohne die Folgen zu bedenken.
  • Risikobereitschaft: Es wird oft riskantes Verhalten gezeigt, wie etwa das Eingehen von Gefahren ohne ausreichende Vorsicht oder Überlegung.

Wie wird ADHS diagnostiziert?

Die Diagnose von ADHS erfordert eine gründliche Bewertung durch Fachkräfte, oft bestehend aus einem Psychologen, Psychiater oder einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Diese Diagnose erfolgt in mehreren Schritten:

  • Detaillierte Anamnese: Der Arzt oder Psychologe befragt den Betroffenen (oder die Eltern bei Kindern) ausführlich zu den beobachteten Symptomen, der familiären Vorgeschichte und möglichen anderen Faktoren.
  • Verhaltensbeobachtung: Es werden standardisierte Fragebögen oder Beobachtungen genutzt, um das Verhalten und die Konzentrationsfähigkeit des Betroffenen einzuschätzen. Auch Berichte von Lehrern oder anderen Bezugspersonen können dabei hilfreich sein.
  • Ausschluss anderer Ursachen: Da ADHS ähnliche Symptome wie andere Erkrankungen (z.B. Angststörungen, Depressionen oder Lernschwächen) aufweisen kann, wird untersucht, ob andere Ursachen in Frage kommen.
  • DSM-5 oder ICD-10 Kriterien: Die Diagnose basiert auf den Kriterien des DSM-5 (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) oder des ICD-10 (International Classification of Diseases). Dabei müssen die Symptome seit mindestens sechs Monaten bestehen, in mehr als einem Lebensbereich (z.B. Schule und Zuhause) auftreten und das alltägliche Leben beeinträchtigen.

Wie äußert sich ADHS bei Erwachsenen?

Während ADHS bei Kindern oft durch impulsives oder hyperaktives Verhalten auffällt, sind die Symptome bei Erwachsenen subtiler und komplexer. Erwachsene mit ADHS haben oft:

  • Probleme mit der Organisation: Die Bewältigung von Aufgaben im Alltag, das Einhalten von Terminen oder die Erledigung von Arbeitsaufträgen fällt schwer.
  • Vergesslichkeit: Häufiges Vergessen von Verpflichtungen oder Kleinigkeiten (z.B. Schlüssel, Geldbörse).
  • Emotionale Impulsivität: Betroffene können plötzlich wütend werden, ohne über die Konsequenzen nachzudenken, oder sie haben Schwierigkeiten, ihre Emotionen unter Kontrolle zu halten.
  • Schwierigkeiten in Beziehungen: Durch Unaufmerksamkeit oder impulsives Verhalten können Konflikte in Beziehungen, am Arbeitsplatz oder im sozialen Umfeld entstehen.
    ADHS und Komorbiditäten

ADHS tritt oft gemeinsam mit anderen psychischen oder emotionalen Problemen auf, darunter:

  • Angststörungen: Viele Menschen mit ADHS haben auch Angststörungen, die sich durch übermäßige Sorgen, Nervosität und Panikattacken äußern.
  • Depressionen: Aufgrund von ständigen Schwierigkeiten im Alltag und dem Gefühl des "Scheiterns" kann es bei Betroffenen auch zu Depressionen kommen.
  • Lernstörungen: Kinder und Erwachsene mit ADHS haben häufig zusätzliche Lernstörungen, wie z.B. Legasthenie oder Dyskalkulie.


Wann sollte man professionelle Hilfe suchen?

Wenn du bei dir selbst oder bei deinem Kind den Verdacht hast, dass ADHS vorliegen könnte, solltest du professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Es ist wichtig, eine genaue Diagnose zu erhalten, um die richtige Behandlung zu beginnen. Eine frühe Diagnose und ein entsprechendes Management können dazu beitragen, die Herausforderungen zu bewältigen und ein erfülltes Leben zu führen.

Fazit

ADHS zu erkennen, ist eine Herausforderung, da die Symptome von Person zu Person variieren und sich im Laufe des Lebens verändern können. Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität sind die Kernsymptome, die in unterschiedlicher Ausprägung auftreten. Eine sorgfältige Diagnose durch Fachkräfte ist entscheidend, um ADHS richtig zu identifizieren und geeignete Unterstützung zu bieten. Auch wenn ADHS viele Herausforderungen mit sich bringt, gibt es heute wirksame Therapien und Strategien, die den Betroffenen helfen können, ein produktives und erfülltes Leben zu führen.

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